SC Hainberg zwischen Befreiungsschlag und Nachbarschaftsfest
Fußball-Bezirksliga: Rassistische Beleidigung im SVGE-Spiel landet vor Sportgericht

Jubel aus dem Jahr 2022 über einen Treffer von Niklas Pfitzner, der mittlerweile in Niedernjesa spielt
Foto: Swen Pförtner
GT vom 04.09.2024, Göttingen:
Für einen Klub wie den SC Hainberg mit vielen Studenten in seinen Reihen ist es manchmal nicht einfach, die anstehenden Aufgaben in der Fußball-Bezirksliga mit einem festen personellen Stamm anzugehen. Trotzdem gelang am vergangenen Wochenende ein 2:1-Erfolg gegen den Titelkandidaten Sparta Göttingen – und damit der erste Saisonerfolg. Bereits am Freitag um 19 Uhr sind die Hainberger wieder gefordert – beim Auswärtsspiel im Maschpark gegen den 1. SC Göttingen 05 II. Grund genug, den SCH unter die Lupe zu nehmen.
„Das Team hat unheimlich Potenzial“, sagt Lars Willmann, der zusammen mit Oliver Hille den SCH trainiert. „Und das Team hat gegen Sparta alles rausgehauen, auch wenn die Spritzigkeit noch nicht bei 100 Prozent liegt.“ Das hänge allerdings auch mit der schwankenden Mannschaftsstärke im Training zusammen:
„Wir haben viele junge Spieler im Team, viele Studenten. Und bei denen geht jetzt schon wieder die Urlaubssaison los. Das Gefühl ist, dass da momentan einige durchstarten“, unterstreicht Willmann. Das Semester beginnt im Oktober, der akademische Nachwuchs nutzt den September offenbar für einige Urlaubstage. „Was sollen wir machen?“, sagt der SCH-Trainer.
Bei sieben bis acht Spielern sei sowieso klar gewesen, dass sie während der Saison studienbedingt einige Zeit lang fehlen. Insofern sei der Kader mit „25 bis 26 Spielern“ bewusst groß gehalten worden. Aber: „Viele sind noch nicht mal in der Nähe von 90 bis 100 Prozent Fitness“ – Resultat der schwankenden Trainingsbeteiligung.
Ein Spieler wie Frieder Behrendt gehe beispielsweise mit Bulli und Freundin für drei Monate auf Reisen. „Ich freue mich total für ihn“ – genauso wie für einen anderen Akteur, den es spontan nach Neuseeland verschlage. Nur ist das einer Kontinuität im Training recht abträglich. Der Ausweg: „Dann bekommen bei uns halt die nächsten ihre Chance“, so Willmann.
„Nein“, sagt der Coach. „Es sind tolle Menschen, und es ist ein unheimlich tolles Miteinander. Am Ende des Tages wissen Olli und ich doch, wie es ist.“ Und so ein Spiel gegen Sparta, „bei dem es zur Sache geht, das intensiv, zugleich aber auch ein wunderbares Fußballspiel ist, an dessen Ende sich alle abklatschen“, hebt die Stimmung.
Frust wegen der rassistischen Beleidigung?
Nach der Rudelbildung im Spiel gegen die SV Groß Ellershausen/Hetjershausen wurden der zuvor rassistisch beleidigte SCH-Akteur Miran Hamza und der SVGE-Spieler Aria Sakhli, beide mit Rot bedacht, für jeweils vier Spiele gesperrt. Hamza, der dem SCH demnächst wegen eines Auslandssemesters fehlt, hat dem Vernehmen nach den SVGE-Fan, der ihn beleidigt hat, angezeigt. Außerdem wird die Beleidigung vor dem Sportgericht verhandelt. Dabei ist der SC Hainberg laut seinem Vorsitzenden Jörg Lohse aufgefordert, als Zeuge eine Stellungnahme abzugeben, die SVGE soll sich als Beschuldigter schriftlich äußern, wie Teammanager Sebastian Bierwag bestätigt – der das nicht so ganz nachvollziehen kann. „Letztlich handelt es sich um einen Zuschauer, der für unseren Verein war, wir sind doch aber nicht für jeden Zuschauer verantwortlich“, sagt er. Tatsache ist, dass sich bis zum 12. September geäußert werden soll.
Die Partie des SCH bei der 05-Reserve
„Wir gehen in jedes Spiel rein, um zu gewinnen. Wir bauen auf unsere Stärke, wollen Spaß am Fußball haben, müssen aber auch hart arbeiten“, unterstreicht Willmann. Der 1. SC 05 II verfüge über hervorragende Fußballer, „ich glaube, es wird ein schönes Fußballspiel“. Und weil der SCH bereits am Freitag spielt, hat er am Sonntag Zeit für sein großes Nachbarschaftsfest.
Um 11 Uhr beginnt auf dem Sportplatz ein inklusiver Terrassen-Gottesdienst, an dem sich mehrere Kirchengemeinden beteiligen. Im Anschluss beginnt das Fest – und das ist Willmann, seines Zeichens Stadtteilarbeiter, sehr wichtig: „Wir brauchen den gesellschaftlichen Zusammenhalt und versuchen, den Menschen Ängste zu nehmen.“ Denn: Die Inklusion, „die leben wir ja“.
von Eduard Warda
Quellenangabe: Göttinger Tageblatt vom 04.09.2024, Seite 22
"Ich habe dem Schiedsrichter den Typen gezeigt“
Nach rassistischer Beleidigung: Miran Hamza vom SC Hainberg berichtet von den Vorkommnissen

Wurde auf dem Fußballplatz beleidigt: Miran Hamza (r.), hier im Spiel gegen den Groner Oliver Waas. Foto: Helge Schneemann
GT; 22.08. - von Eduard Warda
Göttingen. Die rassistische Beleidigung eines Spielers des Fußball-Bezirksligisten SC Hainberg im Spiel gegen die SV Groß Ellershausen/Hetjershausen hat für Aufsehen gesorgt. Im Tageblatt berichtet der betroffene SC-Akteur Miran Hamza von den Vorkommnissen, zu denen später auch eine Rudelbildung und rote Karten gegen ihn selbst und einen SVGE-Spieler gehörten.
In der Nachspielzeit war es auf den Zietenterrassen etwas hitziger geworden, wozu auch der Ausgleichstreffer des Gastgebers in der dritten Minute der Nachspielzeit beitrug. Kurz darauf beging Hamza ein Foul – und wurde von einem Zuschauer, der offensichtlich SVGE-Fan war, rassistisch beleidigt. Der Schiedsrichter verwies den Zuschauer in der Folge des Platzes, aus dem fälligen Freistoß resultierte der 3:2-Siegtreffer für die Gäste. Es setzte eine Rudelbildung ein, an der Hamza beteiligt war, und der Unparteiische wandte das neue DFB-Stopp-Konzept an, indem er beide Teams in ihre Strafräume schickte. Am Ende sahen Hamza und der SVGE-Spieler Aria Sakhli Rot.
„Es war ein super-unschönes Gefühl“, sagt Hamza im Rückblick auf die Beleidigung und schildert die Vorkommnisse wie folgt: „Von mir war es ein ganz normales Foul, aber die Beleidigung hat jeder gehört. Ich habe dann den Schiedsrichter geholt und ihm den Typen gezeigt, der das gesagt hat. Der hat dann auch direkt eingesehen, wie dumm das war, und nach der Aufforderung durch den Schiedsrichter umgehend den Platz verlassen.“
Die Beleidigung habe sich nicht angebahnt: „Von der Trainerbank kamen lautstarke Kommentare, aber das gehört ja auch dazu“, sagt der 21-Jährige. Durch die Umstände, das Ausgleichstor und den rassistischen Ausfall, sei allerdings Hektik aufgekommen, und als dann beim Treffer zum 3:2 für die SVGE durch Milo Apel die Groß Ellershäuser Bank jubelnd auf den Platz gestürmt sei, sei es für ihn „alles zu viel in der Situation“ gewesen.
„Ich hatte den Eindruck, dass sie in meine Richtung gejubelt haben, was ich sehr unschön empfand“, sagt Hamza. „Ich war schon sehr getriggert, weil ich zuvor ja rassistisch beleidigt worden war, und dann gab es die Schubserei, nach der ich zu Recht vom Platz gestellt worden bin.“
Hamza hatte zudem den Eindruck, dass die Groß Ellershäuser nur noch den Auswärtssieg im Kopf hatten – was ihn ziemlich störte: „Es ging ihnen nur darum, dass sie gewonnen und drei Punkte eingefahren hatten, niemand von denen hat sich bei mir entschuldigt. Ich an ihrer Stelle hätte nicht so lautstark gefeiert.“
Erst einmal, in seiner Jugendzeit, habe es beim Fußball ihm gegenüber einen rassistischen Vorfall gegeben, berichtet Hamza – im Herrenbereich noch nicht. Gerade ihm als Jugendtrainer und Schiedsrichter liege am Herzen, „dass es keinen Rassismus auf dem Sportplatz gibt“. Deshalb habe sich der 21-Jährige auch dazu entschieden, den Mann anzuzeigen.
Die SVGE reagierte am Mittwoch mit einer Stellungnahme auf die Vorkommnisse: „Der Vorstand distanziert sich von der getroffenen Aussage eines Zuschauers aus dem Fanbereich unserer ersten Fußball-Herrenmannschaft beim Punktspiel der Bezirksliga gegen den SC Hainberg“, heißt es darin. „Wir als Vorstand stellen uns ausdrücklich gegen jede Form von Rassismus, distanzieren uns ausdrücklich von der getroffenen Aussage und entschuldigen uns gegenüber dem Vorstand und der Mannschaft des SC Hainberg und natürlich gegenüber dem betroffenen Spieler. Weitere Schritte werden wir intern mit allen Verantwortlichen besprechen.“
Quellenangabe: Göttinger Tageblatt vom 22.08.2024, Seite 22
Rassismus-Eklat beim Spiel zwischen SC Hainberg und SVGE
SCH-Spieler wird von SVGE-Fan übel beleidigt / Nach Rudelbildung wendet Schiedsrichter DFB-Stopp-Konzept an

GT, 20.08.2024: Von einem Rassismuseklat ist am Sonntag die Partie in der Fußball-Bezirksliga zwischen dem SC Hainberg und der SV Groß Ellershausen/Hetjershausen (2:3) überschattet worden. SCH-Spieler Miran Hamza wurde in der Nachspielzeit von einem Fan der SVGE übel beschimpft, woraufhin der Zuschauer von Schiedsrichter Daniel Altmann des Platzes verwiesen wurde. Am Ende der Nachspielzeit gab es dann noch Rudelbildung und zwei rote Karten – unter anderem für Hamza.
▶ Das sagt der SC Hainberg
Lars Willmann, der zusammen mit Oliver Hille das SC-Trainerduo bildet, berichtet, dass in der Schlussphase der Partie mehrere Personen eine rassistische Äußerung eines Zuschauers vernommen hatten. Hamza wiederum habe dem Unparteiischen sofort signalisiert, dass er rassistisch beleidigt worden sei. „Den hat das echt mitgenommen“, sagt Willmann.
„Der Schiedsrichter hat dann richtig reagiert“, verdeutlicht der SCH-Coach. Der Zuschauer, der einen SVGE-Schal umgebunden hatte, habe den Rauswurf auch „ohne was zu sagen“ akzeptiert. Vorausgegangen war dem Eklat ein Foul von Hamza, laut Willmann ein Trikotzupfer, der vom Schiedsrichter mit einem Freistoß geahndet worden sei. „Mich hätte der Fan beispielsweise wahrscheinlich nicht rassistisch, sondern einfach nur so beleidigt“, glaubt der Trainer.
Der fällige Freistoß führte dann durch ein Tor von Milo Apel zum 3:2-Erfolg für den Aufsteiger aus Groß Ellershausen (90.+5) – für Willmann auch eine Folge des vorausgegangenen Geschehens: „Unsere Jungs waren danach nicht mehr fokussiert. Der Freistoß war schlecht geschossen, aber der Torwart hat ihn passieren lassen. So sind wir dann doppelt bestraft worden.“
Schließlich kam es noch zu einer Rudelbildung, in deren Zuge der Unparteiische die Mannschaften in ihre Strafräume schickte. Damit wurde in Göttingen zum ersten Mal das neue DFB-Stopp-Konzept angewandt. Außerdem gab es Rote Karten für Hamzi und den SVGE-Akteur Aria Sakhli.
„Das war natürlich eine Folge der Beleidigung“, sagt Willmann. Es sei leider gang und gäbe, dass im Fußball im Fahrwasser von Entscheidungen lamentiert und provoziert werde, „aber dieses Palaver finde ich immer etwas schwierig“. Hamza fühlte sich dann offenbar provoziert, „und es wurde dann ein bisschen geschubst“, so Willmann.
▶ Das sagt die SV Groß Ellershausen/Hetjershausen
„Es war eine hektische Schlussphase. Erst haben wir uns über das 2:1 gefreut, dann haben die Hainberger das 2:2 noch ein bisschen mehr bejubelt. Als das 3:2 für uns gefallen ist, haben es unsere Spieler vielleicht übertrieben. Einige der schon ausgewechselten Spieler sind dann auf den Platz gestürmt – das kreide ich ihnen auch an“, sagt Sebastian Bierwag, der Teamverantwortliche des Aufsteigers. Es sei zu einem kleineren Handgemenge gekommen, die Spieler seien aneinandergeraten. „Was dabei genau passiert ist, habe ich nicht gesehen“, führt er weiter aus. Zu den Äußerungen des Groß Ellershäuser Fans in Richtung des Hainberger Spielers sagt Bierwag: „Wir dulden keinen Rassismus auf unserem Sportplatz – auch wenn es, wie in diesem Fall, nur ein Wort gewesen ist. Ich möchte auch nichts kleinreden, die Äußerungen des Zuschauers, der uns zugeordnet werden konnte, dürfen nicht fallen.“
▶ So funktionierte das DFB-Stopp-Konzept
Bis zum vergangenen Wochenende sei das DFB-Stopp-Konzept im Bezirk seines Wissens nicht angewandt worden, allerdings werde ein Stopp auch nur im Spielformular festgehalten, sagt Klaus-Peter Otto, Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses des Fußball-Bezirks Braunschweig. Einem Zeitungsbericht hat er entnommen, dass die Strategie am Wochenende auch in einem Landesligaspiel zur Anwendung kam – also doppelte Premiere im Bezirk Braunschweig. „Die Schiedsrichter haben wirklich alles gegeben“, sagt SCH-Trainer Willmann. „Meine Erkenntnis ist aber auch, dass das Konzept nur funktioniert, wenn die Bänke besonnen sind.“ Bierwag kannte das DFB-Stopp-Konzept bis zum Sonntagnachmittag noch nicht. „Es hat die Situation aber definitiv beruhigt und hat in dem Augenblick auch Sinn gemacht. So konnte der Schiedsrichter in Ruhe mit den beiden Kapitänen sprechen.“
▶ So geht es nun weiter
Für den konkreten Fall sei die Vorgabe für die Schiedsrichter, dass der Sonderbericht am Tag nach dem Spiel bis spätestens um 18 Uhr beim Spielausschuss eingehen muss, sagt Otto. Normalerweise werden in der Folge die Klubs um Stellungnahmen gebeten, bevor es vor dem Bezirkssportgericht zu einer möglichen Verhandlung kommt – auch ein schriftliches Verfahren ist möglich.
„Ich hoffe, dass der Schiedsrichter das auch genau so in den Bericht schreibt und bin gespannt, wie der Verband das behandelt“, sagt Willmann und meint damit die rassistische Entgleisung, die der Rudelbildung vorangegangen sei. Von der SVGE wünscht er sich ein konsequentes Vorgehen: „Bei Rassismus fahren wir eine Null-Toleranz-Strategie. Der Zuschauer würde bei uns sofort aus dem Verein rausgeschmissen werden.“ Er hoffe, dass die SVGE ein Zeichen setze und sich distanziert: „Dann wäre das ein gutes Zeichen.“
Wie die SV Groß Ellershausen/Hetjershausen mit dieser Situation und dem Fan umgehen wird, stand am Montag noch nicht fest. „Wir werden uns zusammensetzen und das intern aufarbeiten, wir werden aber auch mit der betreffenden Person sprechen“, so Bierwag. „Schade, dass jetzt so über uns berichtet wird. Ich hätte lieber gelesen, dass wir als Aufsteiger mit zwei Siegen gestartet sind.“
Quellenangabe: Göttinger Tageblatt vom 20.08.2024, Seite 19



