Integration durch Sport

Hier finden Sie alle Informationen zur Integrationsarbeit des SC-Hainberg

Diese Maßnahme wird im Rahmen
des Bundesprogramms ´Integration durch Sport´
mit Mitteln des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gefördert.

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Integrative Fussballmannschaft "die Welt ist bunt"

Unsere Fussballmannschaft mit Menschen aus aller Welt

Sonderheft über die Integrationsarbeit des SC-Hainberg zwischen 2015 und 2017.

Inhaltsverzeichnis:

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Zietencamp vom 15.11.2015 bis zum 22.03.2016 auf dem Vereinsgelände des SC Hainberg

Der Hainberg ist im Ursprung ein Verein, der durch das Thema Integration entstanden ist und daher tiefe soziale Wurzeln des Miteinander in sich trägt. Zu Anfang waren es viele Russland-Deutsche, die im Verein ein neues zu Hause finden konnten bei den „alten“ Ebertälern. Im Laufe der Jahre entwickelte sich der Verein immer mehr als Anlaufstelle für Jedermann. Mittlerweile gibt es wohl kaum eine Nation, die nicht bei uns vertreten ist, auch durch die mittlerweile doch recht große Vielfalt an Angeboten, wie z.B. die Weltauswahl, die mit vielen Afrikanern und einigen anderen „Exoten“ entstanden ist oder auch unsere Sambatida Trommelgruppe, die tolle Angebote mit Geflüchteten macht.
Ursprünglich plante der SC Hainberg eine Patenschaft für drei mittelgroße Flüchtlingsunterkünfte zu übernehmen, um mit Flüchtlingen zusammen Sport zu treiben und diese dann schrittweise zu integrieren.
Doch es kam durch ein Amtshilfe Verfahren der Stadt Göttingen auf unserem Vereinsgelände, alles ganz anders und wir hatten ohne große Vorwarnung, 2 Wochen Zeit, die Mitglieder, sowie die Anwohner unseres Wohngebietes zu informieren und z.B. Hallenzeiten anders zu organisieren, da die Sporthalle, teilweise unsere Funsporthalle und die direkte Zuwegung zum Gelände weg waren, um für 200 Flüchtlinge zur Notunterkunft zu werden.

Doch nach einer kurzen Schockstarre (von 5min.), entschied der Vorstand, das es der SC Hainberg schaffen kann, da wir schon seit vielen Jahren vorbildliche Integrationsarbeit leisten.
So wurde eine Teilzeitstelle geschaffen, die durch ein Projektantrag beim LSB zur Integration von Flüchtlingen ins Vereinsleben, Co-finanziert wird. Diese Teilzeitstelle dient u.a. hierbei als Bindeglied und Ansprechpartner zu allen vor Ort am Flüchtlingscamp vertretenden Institutionen, wie der Stadt Göttingen, DRK, Goesf, PSM Security, Ordnungsamt, Feuerwehr, THW, u.v.m.

Schnell wurde klar, dass die Hilfsbereitschaft im Verein, bei Anwohnern und Freunden enorm war. Die geschaffene Stelle wurde schnell zum Freiwilligen Koordinator für sämtliche Angebote des Vereins. Im sportlichen und vor allem dann auch im sozialen Bereich. Die Angebote wurden in einen Tagesplan zusammengefasst, der auf alle gängigen Sprachen vor Ort, übersetzt und dann ausgehängt wurde, damit die Bewohner des Camps informiert waren über die Angebote.
Dieses geschah in enger Kooperation mit dem DRK als Betreiber des Camps und der Security von PSM.
Bei den täglichen Sitzungen stellte sich heraus, dass alle Institutionen an einen Strang ziehen, um die Flüchtlinge möglichst gut bei uns ankommen zu lassen. Wir konnten durch unsere strukturierten Pläne die Menschen empfangen, abholen und auch begleiten. Dieses sorgte dafür, dass es ein Camp ohne negative Schlagzeilen und vollkommen friedlich war.

Neben den vielfältigen Sportangeboten konnten wir auch viele andere Angebote schaffen, wie 14 Deutschkurse und mannigfaltige Mal- und Bastelangebote.
Dieses andere und ganzheitliche Konzept – DRK als Betreiber, Stadt Göttingen als Ansprechpartner in verschiedenen Bereichen, PSM Security als besonnener Sicherheitsdienst und wir als Verein mit Herz und Seele und reichhaltigen Netzwerk im vor allem auch im sozialen Bereich – sorgte dafür, das etwas ganz besonderes entstehen konnte. Der SC Hainberg ist kreativ, wo anderen die Hände gebunden sind. Wir können einspringen und unterstützen, wo es benötigt wird. Und das Ganze als Teil eines Teams, nach dem Prinzip „Wir sind Göttingen!“.

Eine der wichtigsten Maßnahmen war die Schaffung einer Halbtagsstelle, die mittlerweile aufgrund der immensen Arbeit eine Ganztagsstelle ist. Denn das Ehrenamt schafft es an dieser Stelle nicht mehr, diese geordneten Strukturen zu leisten. Die Koordinierung von Angeboten, nutzen von vorhandenen Ressourcen, Zusammenarbeit mit allen beteiligten Institutionen und vor allem auch das Netzwerken.
Die verschiedensten Herausforderungen, wie kulturelle und religiöse Unterschiede, Sprachbarrieren, Gesetze, richtigen Kooperationspartner und Freiwillige finden und vor allem das Problem von Verbindlichkeiten bei den Flüchtlingen verlangt permanente Flexibilität und Spontanität von der geschaffenen Stelle.

Durch die tolle Kooperation mit dem DRK und deren Dolmetschern war es deutlich leichter für die Freiwilligen die Menschen im Camp zu erreichen. Jeder Tag ist „anders“ und sorgte neben so manch geraubten Nerv, vor allem für unglaublich viele schöne Momente. Durch das „Mensch“ sein von uns, öffneten sich die Menschen, die teilweise schreckliches erlebt hatten und konnten wieder viel Freude empfinden und zeigen.

Um die Freiwilligen nicht zu überfordern hatten wir festgelegt, dass jeder max. 4 Stunden (besser nur 2 Std.) anbietet. Hierbei besteht nicht die Gefahr des „Verbrennens“ des Freiwilligen, was Erfahrungen aus anderen Unterkünften zeigten. Denn man darf nicht vergessen, dass die meisten Helfer Vollzeitjobs, Familie und andere Verpflichtungen haben. So haben wir fast 60 Freiwillige, die teilweise schon seit 5 Monaten mit Spaß und Freude dabei sind und auch weiterhin helfen werden.

Konflikte gab es innerhalb des Camps nicht unter den Bewohnern. Vor allem spielte die Religion keine Rolle, da jeder gleich behandelt wurde und für jede Glaubensrichtung Freiräume geschaffen wurden (z.B. Gebetszelte für Muslime, auch die Trennung hierbei von Mann und Frau).

Durch die Menschlichkeit der Mitarbeiter, das Einhalten und ständige wiederholen der Regeln/Hausordnung konnten Probleme vermieden und ggfs. schnell gelöst werden. Das wichtigste hierbei ist auch das Verständnis für kulturelle Unterschiede.

Die größten Probleme gab es eher manchmal im Bereich der Kommunikation externer Behörden, für die die Menschen eher eine Nummer denn ein Individuum war (wobei wir auch hier versucht haben zu verstehen, dass es meist eher eine Überforderung war).

„Sport spricht alle Sprachen“ – Dieses ist seit Jahren, ein von uns gelebtes Vereinsmotto. Wir versuchen gerade bei den Jugendlichen, die Eltern gleich mitzugewinnen, da der erfolgreiche Weg zur Integration, nur über diejenigen erzielt werden kann, die den größten Einfluss haben. Dieses versuchen Schulen seit Jahren und je älter die Kinder werden, desto schwerer wird es. Die Kinder lernen viel in der Schule, doch meist tauchen sie zu Hause wieder in eine Art Parallelgesellschaft, bei der die Eltern andere Vorgaben an Prioritäten haben und die Schule eher hinten runter fällt. Beim Sport sieht das zumeist anders aus und gerade die Väter stehen stolz an der Seite. Auch hier haben wir als Verein in Kooperation mit der BBS 1 tolle integrative Projekte gestartet (z.B. Sport- und Familien-Tag).

Die Ehrenamtlichen haben durch den hauptamtlichen Freiwilligenkoordinator einen permanenten Ansprechpartner, der Anliegen/Fragen schnell lösen kann und schon im Vorfeld alle, auf die möglichen Probleme (z.B. kulturelle Unterschiede) vorbereitet und vor allem aber auch die positiven möglichen Erfahrungen hervorhebt. Stärken stärken und Schwächen schwächen ist hierbei die Devise. Alle Freiwilligen werden bei den ersten Kontaktaufnahmen begleitet bis sich das jeweilige Angebot eingespielt hat. Hierbei ist die regelmäßige Kommunikation mit dem Freiwilligen aber auch den Flüchtlingen wichtig.
Die Bürgerinnen und Bürger des Ortsteils und teilweise darüber hinaus bekommen regelmäßige Berichte über die aktuelle Lage des Camps über einen online Verteiler, der sich stets vergrößert hat. Auch die Umsetzung eines „Welcome Days“ mit 300 Flüchtlingen und 300 Bürgerinnen und Bürgern aus der Umgebung sorgten dafür das Mauern der Angst eingerissen und Brücken gebaut wurden. Diese intensiven Momente der Begegnung auf Augenhöhe sorgten dafür, dass die Integration und Akzeptanz, den neuen Mitbürger deutlich gestiegen ist.

Das Projekt eignet sich hervorragend als Best-Practice-Beispiel, weil es in seiner Komplexität, mit einfachen Mitteln, funktioniert. Wir handeln zusammen mit den vielen Kooperationspartnern so, wie wir es uns wünschen würden, wenn wir in dieser schrecklichen Lage wären. Der kreative Ansatz ist hierbei, das ein Verein als Bindeglied zu den verschiedensten Institutionen fungiert und in die Basis Arbeit, das Herz und die Seele bringt, weit über einfache Sportangebote hinaus. Die geschaffene Stelle sorgt dafür alle Stränge zu bündeln, koordinieren, informiert und vor allem durch das „Netzwerken“ zusammen bringt, um neue positive Synergien zu nutzen.

Da unser Camp am 31.03.16 geschlossen wurde, weil das Amtshilfeverfahren dort endete, sind wir als Verein in Kooperation mit allen jetzigen Beteiligten, wie das DRK und der Stadt Göttingen, in eine Wohnunterkunft mit 420 Flüchtlingen, um diese erfolgreiche Arbeit weiterzuführen und Bindeglied, sowie Vorbild zu sein, für andere Vereine und Institutionen, da diese das nicht leisten können vor Ort. Eine Besonderheit hierbei ist, dass die Einrichtung in einem ganz anderen Ortsteil von Göttingen ist, mit hohen Migrationsanteil und durchaus sozialen Brennpunkten, und wir auch dort wieder bestehendes fortführen und neue Netzwerke und Synergien aufbauen.
Wir haben das Motto „gemeinsam sind wir stark“ zusammen mit unseren Kooperationspartnern.
Auf unserem Vereinsgelände möchten und werden wir der Nachfrage angepasst unseren integrativen Weg gehen und Angebote beibehalten (Hainberger Weltauswahl, Trommeln, Inliner und mehr für die dort benachbarten Wohnunterkünfte. Mittlerweile haben wir schon eine beträchtliche Anzahl von Geflüchteten in unseren Verein integrieren können.

Sportangebote mit Erwachsenen in der Notunterkunft Camp Zieten

Unsere Sportangebote waren Fußball, Basketball, Inliner fahren, Joggen, Fitness und Tischtennis.
Es wurde von lizensierten Übungsleitern oder Studenten begleitet. Wichtig war hierbei, dass es um den reinen Spaß am Spiel/Angebot ging und die Regeln (z.B. beim Basketball mit den Schritten und Dribbeln) nicht ganz so eng gesehen wurden. Jeder Bewohner durfte teilnehmen, wobei es ausschließlich Männer waren. Es waren zum Teil 11 verschiedene Nationen auf dem Spielfeld/Raum.

Nun folgend zeigen wir die positiven, sowie die negativen Erfahrungen stichpunktartig auf:

Positiv:

  • Probleme wurden kurzzeitig vergessen
  • Unbändige Spielfreude
  • Kreativität im Spiel oder an den Geräten
  • Soziales Miteinander wurde verstärkt
  • Kultur, Religion oder Andersartig sein spielten selten eine Rolle (wobei vor den Angeboten auch dieses klar in den Vordergrund gestellt wurde)
  • Jung wie alt waren immer mit Begeisterung dabei
  • Kulturen sind schnell in Kontakt gekommen und Berührungspunkte wurden geschaffen, so wurde nach dem Spiel beim Fußball noch lange über diese und jene Aktion diskutiert
  • Tolle emotionale Erlebnisse für die Übungsleiter
  • Leichtigkeit für uns zu erleben und teilzuhaben, die Freude am Spiel…ohne taktische Zwänge
  • Es war immer lustig und Langeweile kam nie auf!!
  • Begeisterungsfähigkeit

Probleme:

  • Verbindlichkeit (die Menschen mussten trotz Ankündigung
  • und Nähe abgeholt werden).
  • Pünktlichkeit
  • In manchen Sportarten wenig/ keine Regelkenntnis
  • (z.B. Basketball)
  • Umgang/Wertschätzung von Sportgeräten eher
  • dürftig
  • Fehlendes taktisches Verständnis
  • Sportartspezifische Koordinationsdefizite
  • Bei kleinen Unstimmigkeiten oder Fouls konnte
  • es schnell zu hitzigen Diskussionen kommen
  • Überschätzung der eigenen sportlichen Fähigkeiten