23.09.2020

Kulinarische Weltreise

- Interkulturelles Kochen beim SC Hainberg

Tamales aus Kolumbien probieren? Spezialitäten aus aller Welt erwarten Sie beim Interkulturellen Kochen beim SC Hainberg.

Der Runde Tisch Zieten Veranstaltet seit dem 23. September 2020 jeden Mittwoch ab 19:00 einen Interkulturellen Kochabend in den Räumlichkeiten des SC Hainberg. Tamales aus Kolumbien, Kapana aus Namibia, Minestrone aus Italien oder Kartoffelsalat aus Deutschland - jedes Gericht spiegelt Identität wieder und ist mit persönlichen Erinnerungen verknüpft. 

Die Zubereitung der Rezepte aus aller Welt wird vom jeweiligen Teilnehmer, der dieses mitgebracht hat selbst angeleitet. Währenddessen tauscht man sich sich über charakteristische Lebensarten aber auch persönliche Themen aus. Etwaige Sprachbarrieren werden mittels Händen und Füßen oder durch freiwillige Übersetzer überbrückt.

So trifft man neue Leute und erlebt eine kulinarische Reise in verschiedene Länder, und das gleich um die Ecke. Es entsteht ein interkultureller Dialog in einer herzlichen Gemeinschaft, der einen Einblick in andere Welten ermöglicht.

Das Angebot richtet sich insbesondere an die Anwohner*innen der Zietenterassen, sowie den Bewohnern aus der Bonveno Unterkunft auf den Zieten. Aufgrund der geltenden Abstandsregelungen wird vorab unter larswillmann@yahoo.de um
eine Anmeldung gebeten.

05.09.2020

Trainer mit Zertifikat

Soccer Refugee Coach: Grundlagen des Fußballs werden vermittelt

Teilnehmer der Ausbildung zum Soccer Refugee Coach.Foto: R

GT, 05.09.2020, von Eduard Warda

26 Teilnehmer aus acht Nationen haben die Soccer-Refugee-Coach-Ausbildung des Niedersächsischen Fußball-Verbandes (NFV) in Kooperation mit dem SC Hainberg durchlaufen. Auch neun Frauen waren dabei, die Aktion wurde finanziell vom Landessportbund Niedersachsen (LSB) unterstützt.

Dabei galt es für die Teilnehmer in Theorieblöcken Trainingsinhalte, Verhaltensregeln und das Ausbildungskonzept von NFV und DFB kennenzulernen. Im Praxisteil konnte das Gelernte umgesetzt werden – in der Rolle des Trainers wurden dadurch erste praktische Erfahrungen gesammelt.

Geleitet wurde die Ausbildung von Imanuel Andre (Referent Soccer Refugee Coach NFV) und Lars Willmann (Referent für Sport, Soziales und Integration beim SC Hainberg), die von den Teilnehmern begeistert waren. „Sie sind alle unheimlich wissbegierig“, unterstrich Andre. Die beiden Referenten hatten bereits 2017 zusammen einen Soccer-Refugee-Coach-Lehrgang in Göttingen umgesetzt und waren sich einig, dass beide Veranstaltungen besonders waren.

Andre und Willmann berichteten, dass die meisten Teilnehmer nach den Einheiten noch zusammensaßen, um sich auszutauschen und weitere gemeinsame Aktionen zu planen. So wird es demnächst beim SC Hainberg neben der Fußball-Freizeitmannschaft „Die Welt ist bunt…“ interkulturelle Kochabende, lateinamerikanische Tänze und Fahrradtouren geben, die mit Unterstützung des Vereins von den Teilnehmern selbstverantwortlich angeleitet werden.

Nach dem Lehrgang erhielten die Absolventen ein Zertifikat über die Lehrgangsteilnahme und ein T-Shirt. Überreicht wurde es von Andre, Willmann und Hans-Dieter Dethlefs, Vorsitzender des NFV-Kreises Göttingen-Osterode.

Am 23. September startet für einen Teil der Teilnehmer beim SC Hainberg ein Trainer-C-Lehrgang. Dieser wird unter der Leitung von Thomas Hellmich (Vorsitzender Ausschuss für Qualifizierung des NFV-Kreises) zusammen mit Lars Willmann und eventuell weiteren Referenten durchgeführt. Die Initiative dazu ging von Marion Demann (NFV) aus.

21.08.2020

„Es gab so viele schöne Momente“

Seit dem Sommer 2015 haben sich in Göttingen Hunderte Menschen für Geflüchtete engagiert – Lars Willmann erinnert sich

Geschichten der Flucht: Lars Willmann. Foto: Scharf

GT vom 14.08.2020; Göttingen. Eigentlich wäre Lars Willmann jetzt mit seinen eigenen Kindern im Urlaub. Stattdessen sitzt er vor dem Vereinsheim des SC Hainberg. In seiner Hand ein selbst gemaltes Bild: geflügelte Herzchen und Schnörkel. Ein Dankeschön von einem der Kinder, die an Willmanns integrativem Sommerferienprogramm teilnehmen. Auch wenn der Referent für Sport und Integration ganz sicher Vollprofi in Sachen Kinderbetreuung ist, freut ihn das Geschenk sichtlich.

Der 41-Jährige hat sich an diesem Tag zwischen dem Kindergewusel ein wenig Zeit genommen, um mit dem Tageblatt einen Rückblick auf die Flüchtlingsarbeit der vergangenen fünf Jahre zu werfen. Für eine Bilanz sei es eigentlich zu früh, denn die Arbeit sei noch lange nicht vorbei, sagt er vorab. „Wir haben noch so viel Potenzial bei den Menschen, die zu uns kommen. Das muss noch gehoben werden.“

Es begann im Sommer 2015. Der Vorstand des Vereins mit Sitz auf den Zietenterrassen hatte den Plan gefasst, sich nach seinen Möglichkeiten an der Integration der Geflüchteten zu beteiligen und beispielsweise Sportkurse anzubieten. Doch es sollte anders kommen. Die Sporthalle des SC wurde selbst zur städtischen Unterkunft und der Verein gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz zur festen Anlaufstelle.

Unterkunft aus dem Nichts

„Es passierte alles innerhalb weniger Stunden“, erinnert sich Willmann. Binnen kürzester Zeit stellten das DRK und der SC die Unterkunft für 200 Geflüchtete zur Verfügung. 40 Ehrenamtliche standen umgehend bereit, sorgten für Verpflegung, Beschäftigung und Betreuung. „Wir mussten einen festen Stundenplan machen, weil es so viele Angebote für die Bewohner des Zieten-Camps gab.“

Bilder aus der Vereinsjubiläumszeitung zeigen Tanz-Workshops, Bastelkurse, Angebote in der Funsporthalle, Kochabende und immer wieder Fußball. „Es ist ein Klischee, aber es stimmt absolut: Sport verbindet“, sagt Willmann. Bei Wind und Wetter sei gespielt worden mit bunt gemischten Mannschaften über alle Nationalitäten hinweg. Er zeigt auf ein Foto, auf dem Männer auf Socken und im T-Shirt über den verschneiten Platz des SC rennen. „Wir waren verrückt.“

Krieg, Flucht, Trauma

Es seien diese Momente gewesen, in denen die Menschen ihr Schicksal hätten vergessen können. Und das sei nicht selten kaum zu ertragen gewesen – Krieg, Flucht, Traumata, Verlust der Familie. Ein Vater habe ihm beispielsweise auf seinem Handy das Video von der Enthauptung seiner Kinder gezeigt. Ein anderer war Kindersoldat aus dem Südsudan, der seine fast blinde Frau mit den Kindern allein hatte zurücklassen müssen. Geschichten, die Willmann nach eigener Aussage haben demütig werden lassen.

Bei all dem blieben er und sein Team motiviert, viel Energie und Zeit zu investieren. „Ich war in der Anfangszeit sieben Tage die Woche hier. In Spitzenzeiten waren es 100 Stunden.“ Das wurde auch nicht weniger, als die Einrichtung auf dem Vereinsgelände im März 2016 geschlossen wurde. Denn die gute Zusammenarbeit mit dem DRK setzte sich nahtlos in der neu geschaffenen Unterkunft an der Siekhöhe fort.

Kreativität als Stärke

Die Unterbringung von Flüchtlingen in einer umgebauten Lagerhalle erntete bis zu ihrer Schließung viel Kritik. Willmann sieht rückblickend allerdings lieber das Positive. „Unsere Stärke war die Kreativität. Die brauchten wir aber auch, um mit der räumlichen Situation umzugehen.“ Wurde die fehlende Privatsphäre und der große gemeinsame Aufenthaltsbereich oft als unhaltbarer Zustand beschrieben, bezeichnet er die Situation lieber als „eine Chance auf Integration“.

Ein kleiner Junge kommt an den Tisch, fragt, ob er sich die Spielzeugautos ausleihen darf. Er bekommt sofort Willmanns vollständige Aufmerksamkeit, fünf Autos und ein paar Regeln mit auf den Weg. Der Betreuer kennt wie selbstverständlich jeden Namen der rund 30 Kinder. Sein Blick schweift kurz über das Gelände. Dann dreht er sich wieder um und erzählt von den Freunden, die er durch seine Arbeit gefunden hat.

Auf seinem Handy sind Nachrichten von Menschen, denen er eine Wohnung oder einen Job vermitteln konnte. Kürzlich schickte ein junger Mann das Foto seines Ausbildungsvertrages mit einem großgeschriebenen Dankeschön. Ein anderer rief kürzlich nach fast fünf Jahren an, um sich zu erkundigen, ob es ihm gut geht. „Es gab so viele schöne Momente.“ Doch es gibt auch die negativen. So wurde ein junger Afrikaner, der bereits gut integriert war, im Verein Fußball spielte, vor seinen Augen abgeschoben – an dem Tag, an dem er ihm einen Job besorgt hatte. „Aber wir haben noch Kontakt. Es geht ihm gut.“

Was sind für ihn die wichtigsten Erkenntnisse der letzten fünf Jahre? Gelungene Integration könne nur ganzheitlich und nur mit einem guten Netzwerk funktionieren. Und auch wenn viele Institutionen mittlerweile verschwunden seien und das öffentliche Interesse zurückgehe, sei sie eben nach fünf Jahren noch nicht vorbei, fügt er schließlich an. Die Kinder auf dem Gelände des SC Hainberg wirken wie ein Beleg seiner Aussage.